Händels „Messiah“ in der Stadtkirche Bruchsal (11.11.2023)

Ein in mehrfacher Hinsicht außergewöhnliches Konzert des Kammerchores Bruchsal war es, das die zahlreich erschienene Zuhörerschaft in der Stadtkirche „Unsere Liebe Frau“ in Bruchsal mit dem „Messiah“ in der Originalfassung von Georg Friedrich Händel zu hören bekam.

Außergewöhnlich ist schon das Werk selbst- so kommt der Name Jesu Christi im zugrunde liegenden Libretto von Charles Jennens nur ein Mal vor, und es stützt sich in weiten Teilen auf prophetische Texte des Alten Testaments. In drei Teilen schildert Händel musikalisch mit unglaublichem harmonischen, melodischen und rhythmischen Erfindungsreichtum und typisch barocken musikalischen Affektmitteln die Geburt, Passion, Auferstehung und Himmelfahrt Jesu.

Außergewöhnlich auch die Wahl der englischen barocken Originalsprache und der barocken, sparsamen Besetzung des Orchesters mit Streichern Continuo und Bläsern. So entstand ein sehr authentischer, fast kammermusikalischer Eindruck, der der Intension Händels wesentlich gerechter wurde, als so manch pompös-übersteigerte Aufführung des Werkes.

Das war schon mit dem ersten Akkord des Orchesters in der einleitenden „Symphony“ deutlich hörbar. In Form einer „Französischen Ouvertüre“ öffnete das Ensemble den glänzend disponierten Vokalsolisten gleichsam den akustischen Vorhang für das folgende Wechselspiel von Accompagnati, Rezitativen, Arien, Duetten und Chören. Immer einer adäquaten vokalen Umsetzung des Textgehaltes verpflichtet, gestalteten die Solisten Carmen Buchert (Sopran) Sandra Stahlheber (Alt) Jo Holzwarth (Tenor) und Markus Lemke (Bass-Bariton) ihre jeweiligen Partien, mal mit einer niemals forcierten Strahlkraft in der Höhe (Carmen Buchert), mal mit wunderbar samtener Tiefe (Sandra Stahlheber), mal mit tenoral leuchtendem Timbre (Jo Holzwarth) oder auch mit kraftvoll-voluminösem, aber nie überdramatisierenden Duktus (Markus Lemke).

Der Chor griff die große Musizierfreude des Orchesters sofort auf, geschickt unterstützt durch die Wahl frischer Tempi durch den Dirigenten Sebastian Hübner. Sowohl in den homophonen Teilen als auch in den schwierigen Koloraturen der Fugen glänzte der Chor als Ganzes. Scheinbar mühelos gelang das stimmliche Umschalten von lyrischen, verinnerlichten Passagen hin zu dramatischen Ausbrüchen, aber immer geprägt von großer Stimmkultur und sehr guter Intonation. Besonders eindringlich erklangen die Kontraste des zweiten Teils in der Abfolge von Leiden und Sterben Christi bis hin zur Himmelfahrt, musikalisch umgesetzt in dem berühmten Halleluja-Chor mit voller Orchesterbesetzung.

Im dritten Teil über Erlösung, Offenbarung und dem Ende der Zeiten spannte Sebastian Hübner durch sein einerseits detailliert-führendes und ausdrucksstarke, andererseits aber auch große Musizierfreude bei allen Mitwirkenden zulassende Dirigat den musikalischen Bogen bis hin zu der großen Amen-Fuge, die Händel so grandios quasi aus dem Nichts heraus aufbaut und Einsatz um Einsatz auftürmt bis zur gewaltigen Schlusskadenz. In diesem letzten Stück gelang eine quasi musikalische Apotheose fernab jeglicher Überforcierung und jeglichem imperialem Pathos, die Zuhörer wie Mitwirkende spürbar ergriffen in den Abend entließ.

Ulrich Brückmann